SEACON Software Engineering und Architecture

Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich in Hamburg Experten und Unternehmensvertreter aus den Bereichen Software-Engineering, -Entwicklung und -Architektur, um gemeinsam aktuelle Trends und Branchenthemen zu diskutieren. Die SEACON, Software Engineering + Architecture Conference, fand bereits zum achten Mal statt und war mit mehr als 180 Teilnehmern aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz ganz gut besucht. Zugegeben, es gibt viele größere Konferenzen, aber gerade das macht auch den Charme dieser Konferenz im hohen Norden aus.

Am 12. und 13. wurden im Radisson Blu Hotel viele spannende Vorträge gehalten, wobei Themen wie agile Entwicklungsprozesse in mittleren und großen Unternehmen die größte Rolle spielten. Als Auflockerung waren zwischendurch sogenannte “Open Spaces” eingefügt. Das sind im Grunde freie Zeiten, in denen die Teilnehmer in Gruppen selbstgewählte Themen diskutieren können. Während dies ganz ähnlich zu den BarCamps ist, wo dieses Konzept auf die ganze Konferenz ausgedehnt wird, war dies doch eine gelungene Mischung.

Die Sprecher kamen zum großen Teil aus IT-Beraterfirmen, die sich alle im Foyer-Bereich mit einem kleinen Stand positioniert hatten. Trotzdem waren die Vorträge eher sachlicher Natur, als dass sie der Kundenfindung oder Eigenwerbung dienten.

Seacon

Quelle: HicknHack Software GmbH

Das Programm war in drei Tracks aufgeteilt: Software-Architektur & Technologie, Geschäftsprozesse & Anforderungen und Management & Führung, die alle sehr interessant waren und spannende Themen boten.

Donnerstag

Keynote: Johann-Peter Hartmann – Die Architektur, die man kann

Der Donnerstag begann mit einer Keynote von Johann-Peter Hartmann, CTO der Mayflower GmbH aus München, über “Architektur, die man kann”. Interessant hierbei ist das CTO in dieser Firma nicht das übliche bedeutet, sondern Chief Tailwind Officer.
Hartmann beschreibt grob, was früher für Probleme aus dem V-Modell und den daraus erhaltenen Architektur entstanden sind sowie welche Probleme und Schwierigkeiten die Einführung agiler Methoden und Konzepte mit sich bringt.
Davon ausgehend kam er über Conways Gesetz, dass eine Architektur immer auch die Organisationsstruktur des Teams widerspiegelt, zur der These, dass man diese ganz einfach seiner gewünschten Architektur anpassen sollte. Das heißt, wenn man bspw. eine Microservice-Architektur anstrebt, dann sollte auch die Teamstruktur aus kleinen, selbstorganisierten Teams bestehen.

Kurzvorträge Pecha Kucha

Im Anschluss an diese zum Denken anregende Keynote, wurde kurz auf die Organisation der Open Spaces eingegangen sowie das Prinzip des Pecha Kucha eingeführt. Pecha Kucha sind kurze Vorträge, bei der der Sprecher nur jeweils 20 Sekunden für insgesamt 20 Folien haben, um ihr Thema zu präsentieren. Aus dieser Vortragsform resultieren eher kurzweilige Themen mit wenigen Kernaussagen, die aber daher umso prägnanter im Gedächtnis bleiben.

Der erste Vortrag dieser Art behandelte kurz den entscheidenden Punkt, dass Unternehmen die Entwicklung einer App nicht als zusaätzlich GUI zu einer vorhandenen Anwendung betrachten sollten, sondern als eigenständige Möglichkeit Kunden zu erreichen.
Der zweite Pecha Kucha zeigte eindrucksvoll am Beispiel eines Einkaufszettels, wie schwierig Anforderungsanalyse ist, wenn mehrere Parteien involviert sind. Der Sprecher legte anschaulich dar, wie wichtig es ist Stakeholder einzubeziehen, Änderungen zu bedenken und ein gemeinsames Verständnis der Domäne aufzubauen.

Nach diesem doch recht langen Vorspiel gab es eine kurze Kaffeepause, bevor die eigentlichen Tracks anfingen. Die Konferenz umfasste einen separaten Bereich des Hotels und beinhaltete dabei vier große Räume. Während drei davon für die drei Tracks und somit für Vorträge genutzt wurden, war der vierte Raum permanent mit leckerer Verpflegung und Getränken ausgestattet. Das Hotelpersonal kümmerste sich sehr gut und sorgte auch ständig für Nachschub, sodass man sich in entspannter Atmosphäre auf den Inhalt konzentrieren konnte.

Seacon

Quelle: HicknHack Software GmbH

Session 1: Frank Düsterbeck – Die Zusammenarbeit des Scrum Teams – Soziale Herausforderungen als Chance und Risiko

Im Vortrag “Die Zusammenarbeit des Scrum Teams – Soziale Herausforderungen als Chance und Risiko” von Frank Düsterbeck aus dem Management/Führungstrack hebt er die Rolle des Menschen in der Zusammenarbeit hervor und beschreibt soziale Probleme wie den Druck, den Verantwortung hervorbringen kann. Im Grunde gehört also eine gesunde Firmenkultur zum Erfolg von agilen Methoden, die diese auch zulassen und unterstützen.

Industry Talk: Hendrik Lösch – Smartes Business dank smarter Apps

Anschließend war schon das Mittagessen angesetzt und zwar für ganze anderthalb Stunden. Allerdings war gegen Ende parallel ein sogenannter Industry Talk angesetzt. Hier propagierte Hendrik Lösch für eine Aufteilung von Unternehmensanwendungen in einzelne Apps, die als konfigurierbares Dashboard besseres Arbeiten ermöglichen sollen. Dadurch sollen auch Business Anwendungen flexibel werden und ein gutes Nzuererlebnis bieten.

Session 2: Michael Hofmann – Burn-Out in agilen Teams?

Die zweite Session vom Donnerstag behandelte das sehr wichtige Thema des psychologischen Drucks unter IT-Teams. Micheal Hofmann sprach über Burn-Out in agilen Teams. Er hatte dies im Rahmen seiner Doktorarbeit untersucht und eine Korrelation zwischen agiler Entwicklung und höherer mentaler Gesundheit festgestellt. Dabei ist aber wichtig, dass die Teams dabei wirklich selbstgesteuert sind. Hofmann vertritt die These, dass “Autonomie die wesentliche Variable ist, um berufliche Beanspruchung zu reduzieren”. Dabei steht Beanspruchung dafür, wie die berufliche Belastung auf einen Menschen wirkt.

Session 3: Open Space

Als nächstes standen die Open Spaces auf dem Programm. Herr Hartmann aus der Keynote, stellte die Organisationsstruktur seiner Firma vor. Wichtige Denkanstöße sind die große Selbstorganisation der Teams und das Management, welches eher als Unterstützer der Teams agiert. Daher auch die Bezeichnung von Hartmann als Chef-Rückenwindoffizier.

Session 4: Robert Seedorff, Benjamin Pfänder – Security-Auditing aus der Cloud – Softwareentwicklung kontinuierlich auf dem Prüfstand

Robert Seedorff und Benjamin Pfänder stellten dann im Anschluß in ihrem Beitrag zum Technologie-Track ein Security Auditing für Webanwendungen aus der Cloud vor. Dies basiert im Grunde auf einem Stack aus DockerImages mit üblichen Scanwerkzeugen, den man kontinuirlich auf seine Anwendungen loslässt, um Sicherheitsschwachstellen aufdecken zu können. Dies ist ein sehr interessanter Ansatz und für viele System sicherlich ein interessanter Punkt, den man in Continuous Deployment integrieren könnte. Laut Aussage von Seedorff und Pfänder ist geplant, den Stack als Open Source zu veröffentlichen.

Session 5: Peter Schnell, Kurt Jäger – 16:50 Uhr ab Paddington – der gefährliche Weg in die Agilität…

Im letzten Session aus den regulären Tracks von Pecha Kucha war ein bunter Mix aus verschiedenen Themen, einige sehr gut, andere weniger. Interessante Höhepunkte waren hier die Vorträge von Klaus Marquardt – “Was kann man mit Komplexität machen?” und Carl Anders Düvel – “Feedbacker’s delight”. Marquardt beschreibt eindrucksvoll, das Komplexität ansich nichts schlechtes ist, sondern nur dementsprechend auch daran angespasste Vorgehensweisen benötigt. Düvel hebt die Wichtigkeit von gutem Feedback, gerade im Bereich agiler Softwareentwicklung, hervor und beschreibt, das gegenseitiger Respekt entscheidung für gutes Feedback ist.

Keynote: Bernd Oestereich – Führung ist zu wichtig, um sie nur Führungskräften zu überlassen

Die Abschluss-Keynote von Bernd Österreich, einem der Mitorganisatoren SEACON, beschrieb seine Vorstellung, wie Führung in den kommenden Jahren aussehen sollte. Dabei soll Führung prozessiert und kollegial-selbstorganisiert sein, um die immer größer werdende Komplexität beherrschen zu können. Eine soziale Vernetzung innerhalb eines Unternehmens soll helfen, genau die richtige Leute für bestimmte Aufgaben zu finden.

Freitag

Session 1: Benjamin Seidler – Product Canvas als Werkzeugkasten für die Tools des Agilen Requirements Engineers

Freitags starten die Tracks direkt frühmorgens, ohne Keynote, ohne Organisation. Der erste Track war “Product Canvas als Werkzeugkasten für die Tools des Agilen Requirements Engineers” von Benjamin Seidler. Er stellte den Produkt Canvas vor, welcher ein Rahmenwerk für die Anforderungsanalyse darstellt. Diese übersichtliche Strukturierung stellt Name, Vision / Ziel, Metriken, Rollen / Personas, Szenarien / UserStories sowie Produkt Details auf einen Blick dar. Seidler hob besonders Personas als Mittel der Wahl für die Planung von User Stories hervor.

Session 2: Ralf Westphal – Story Slicing – Anforderungen dem Entwickler näher bringen

Ralf Westphal stellte in seinem im Anschluss folgenden Vortrag Story Slicing vor. Das Ziel sollte eine bessere Abbildung von User Stories (und damit Features) in den konkreten Anwendungscode sein. Dabei folgt zwischen User Story planen und User Story implementieren ein zusätzlicher Schritt, der die User Story anhand eines/mehreren Pfades/Pfaden beschreibt und damit eindeutig werden lässt. Der Pfad beschreibt damit also die Stelle im Code, an der diese User Story umgesetzt wurde, zu Beispiel: Applikation1/Teil3/Dialog2/Interkation1/FeatureX.

Session 3: Open Space

Im Anschluss war noch einmal Zeit für Open Spaces eingeplant. Hier war eine sehr interessante Session über die Ethik bei Software-Entwicklern. Es wurde sehr viel diskutiert und Teilnehmer berichteten von selbst erlebten Situationen. Eine Zwischenbilanz war, dass man als Entwickler durchaus selbst für seine Moral verantwortlich ist und sich nicht mit “der Kunde wollte das so bzw. der Chef hat gesagt, ich soll das so machen” herausreden kann.

Industry Talk: Jo Ehm, Simon Zambrovski – Skill-based Routing mit DMN – out of the box!

Zur Mittagspause gab es wieder einen Industry Talk und zwar von Jo Ehm und Simon Zambrovski zum Thema Skill-bases Routing mit DMN. Der Vortrag war recht interessant, der er einen ähnlichen Ansatz verfolgt, wie wir ihn zurzeit in einem Projekt umgesetzt haben. Im Grunde basierte es auf Entscheidungstabellen im Prozessmodell, welche dynamisch gefüllt werden können.

Session 4: Thomas Much, Stephan Kraus – Pair Programming – Entwicklers Freund, Managers Feind? Coaching-Erfahrungen aus einem Großprojekt.

Nach einer Vorstellung aller Open Space Ergebnisse stand die vierte Session des Tages unter dem Thema Pair Programming aus dem Management-Track. Eine interessante Aussage zu Erfahrungswerten war, dass man als Pair zirka 15% langsamer ist, aber dadurch der Code von einer 25% Fehlerrate auf eine 15% Fehlerrate sinkt. Dies verknüpft mit den Vorteilen Wissensverteilung, lesbarerem Code und der impliziten Förderung von Teamarbeit stellt Pair Programming sicherlich eine interessante Entwicklungsmöglichkeit dar.

Session 5: Jan Gentsch, Julia Dellnitz – Brain Patterns in der Softwareentwicklung

Der vorletzte Vortrag, jetzt wurden schon langsam die Stände der Aussteller im Foyer abgebaut, des Tages beschäftigte sich mit dem Thema Brain Patterns in der Software-Entwicklung. Jan Gentsch und Julia Dellnitz stellten interaktiv verschiedene Denkfallen vor, in die man als Entwickler / Manager / eigentlich jeder bei seiner täglichen Arbeit tappen kann. Die beiden Sprecher argumentierten, dass bloßes Kennen der Pattern schon dabei hilft, diese zu vermeiden und beschränkten sich im Großen und Ganzen daher auch darauf, diese vorzustellen.

Session 6: Rebecca Nitezki – Grundlagen der Gebrauchstauglichkeit – Making usability ‘usable’

Rebecca Nitezki schloss diesen Tag und damit die Konferenz mit einem Vortrag darüber, wie man Usability ‘usable’ machen kann. Sie bot einen sehr praktischen Blick auf Usability und stellte viele Prinzipien vor, die man als Software-Entwickler ohne Probleme beachten kann, ohne das man sehr großes Wissen hinsichtlich Design und Usability besitzen muss. Definitc sehr empfehlenswert, diese zu beachten.

Damit waren zwei Tage Konferenz in Hamburg zu Ende. Zusammengefasst bot die SEACON eine gute Mischung aus spannenden Themen und es gab viel zu lernen. Die Organisation durch die SIGS DATACOM war sehr gut und so ließ die Konferenz keine Wünsche offen.

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